Was ist Shinrin Yoku Waldbaden?

Bei dem schon seit mehr als drei Jahrzehnten in Japan praktizierten „Waldbaden“ handelt es sich um eine Art Waldtherapie. Während dieser Maßnahme versuchen die Waldbadenden physisch und psychisch mit dem Wald in Einklang zu sein, mit allen Sinnen achtsam und still im Wald zu verweilen. Nach einiger Zeit stellt sich schließlich ein Zustand der Ruhe und Besinnung ein.

Waldbaden ist keine Esoterik

Diese Vorgehensweise hat nichts mit Esoterik zu tun. Ganz im Gegenteil, das Waldbaden ist eine natürliche Form der Entspannung und findet mittlerweile in der ganzen Welt und vor allem in Europa viele Nachahmer. Inzwischen werden auch in Deutschland vermehrt Heilwälder- und Waldbadepfade-Wanderungen angeboten.
Waldbaden beinhaltet:

  • das Eintauchen in den Wald
  • den Wald mit allen Sinnen aufnehmen
  • gedankliche Konzentration auf den Wald
  • vorsichtiges Betreten der Wanderwege und freien Waldflächen
  • das Beobachten von Tieren und Pflanzen
  • den Wald durchwandern ohne Hast und mit genügend Ruhepausen

Die Herkunft des Waldbadens

Das Shinrin Yoku Waldbaden hat seinen Ursprung in Japan. Es ist nicht nur Bestandteil eines guten Lebensstils, sondern vor allem eine medizinisch anerkannte Naturtherapie. Dass dieses gesundheitsfördernde Waldbesuchen seinen Ausgangspunkt in Japan hat, kommt nicht von ungefähr, denn die Japaner arbeiten unverhältnismäßig viel und stehen unter großem Stress. Dies hat schon bei vielen Betroffenen zum Tod durch stressbedingten Herzinfarkt oder Schlaganfall geführt. Ein trauriger Hinweis ist das eigens hierfür existierende Wort: Karōshi, das übersetzt so viel bedeutet wie: Tod durch Überarbeitung.

Waldbaden linder Stress

Um den Landsleuten einen Weg aus der Stressspirale zu zeigen, entwickelte das japanische Landwirtschaftsministerium in Zusammenarbeit mit Medizinern das Shinrin Yoku. Und zur Entschleunigung des Lebensalltags wurden extra Wege in dem nationalen Erholungswald von Akasawa angelegt. Der Akasawa Natural Recreational Forest gilt in Japan bereits seit 1970 als natürlicher Erholungswald und ist somit der erste seiner Art. Ihm wurde allerdings erst im Jahr 2006 das Prädikat „Wald-Therapie-Zentrum“ zuerkannt.

Japanische Studien belegen Wirksamkeit des Waldbadens

Da verschiedene Studien der japanischen Wissenschaftler die von dem Wald ausgehende wohltuende Kraft bestätigen, wird die Entspannungstechnik vom japanischen Gesundheitswesen anerkannt und gefördert. Die Umbenennung von Waldbaden in Waldtherapie erfolgte schließlich auf Anregung des Universitätsprofessors Yoshifumi Miyazaki. Bereits seit 2012 besteht an japanischen Universitäten der Forschungs- und Weiterbildungsbereich Waldmedizin, wo sich mittlerweile immer mehr Ärzte in diese Richtung spezialisieren. In Japan erfolgt die Waldtherapie in hierfür speziell ausgewiesenen Waldgebieten. Sie wird vorzugsweise Großstadtmenschen auf Rezept verordnet.

Empfohlen zur Weiterbildung

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Wie badet man im Wald?

Waldbaden *ist in vielen Formen möglich*. Längere Spaziergänge, Sitzen im Wald, Yoga, Meditation, Hängematte, direkter Baumkontakt, anfassen von Blättern, Moos und den Waldboden riechen.

Doch für die Waldbaden-Therapie sind nicht alle Waldbezirke geeignet. Shinrin Yoku wirkt zudem erst richtig, wenn die festen Wanderwege verlassen werden und die Aufmerksamkeit ausschließlich auf den Wald, seine Pflanzen und Tiere gerichtet ist. Dabei wird vorzugsweise auf den bewachsenen Waldflächen angehalten und in den Wald so richtig eingetaucht, was das Aufnehmen der Waldluft und Gerüche nach Erde, Baumharz und vielen anderen Waldstoffen mit allen Sinnen einschließt. Das Atmen wird erleichtert, der Cortisolspiegel sinkt und mit ihm auch der Stresspegel.

Ganz wichtig: Mit dem Waldbaden sind keinerlei sportliche Betätigungen gemeint. Es reicht bereits ein längerer, langsamer Spaziergang.

Bei manchen Waldführungen werden deshalb entsprechende Ruhephasen angeboten, bei denen es sich die Waldbesucher in einer Hängematte gemütlich machen können.

Was geschieht beim Waldbaden auf körperlicher und seelischer Ebene?

Schon nach wenigen Metern in den Wald hinein umgibt die Waldbesucher eine ungewohnte Stille. Hinzu kommt das angenehm weiche Gefühl beim Betreten des Waldbodens, was gerade für Menschen mit Gelenkproblemen eine Wohltat ist.
Etwas Besonderes liegt in der Waldluft, das entschleunigend wirkt. Der Blutdruck sinkt, das Herz schlägt ruhiger und der Pulsschlag wird langsamer.
Auch das Atmen fällt leichter, denn die Bäume filtern Schadstoffe aus der Luft und lassen das Wasser langsam über ihre Blätter verdunsten. Die hieraus resultierende höhere Luftfeuchtigkeit ist besonders angenehm für Menschen, die unter Asthma leiden.

Ätherische Öle wirken auf das vegetative Nervensystem

Um sich vor Fressfeinden zu schützen, geben die Waldriesen und ihre Abkömmlinge ätherische Öle und Duftstoffe an die Luft ab. Diese sekundären Inhaltsstoffe sind im Wald vermehrt vorhanden, da sie über Blätter, Baum- und Strauchrinde ausdünsten. Sie werden von den Waldbesuchern über die Haut und Lungen aufgenommen und wirken stärkend auf deren Immunsystem sowie auf das vegetative Nervensystem. Schon nach zwei Stunden im Wald werden Stresshormone abgebaut, weshalb das Baden im Wald besonders geeignet ist bei:

  • Stress
  • Schlafstörungen
  • Konzentrationsstörungen
  • Ängsten
  • Aufmerksamkeitsstörungen
  • depressiver Verstimmung
  • Wut

Shinrin Yoku kann somit schweren Krankheitsverläufen vorbeugen und zu neuer Lebenskraft und Lebensfreude verhelfen. Nach einem Waldbesuch fühlen sich die Menschen deshalb entspannter und emotional ausgeglichener.
Haben sich allerdings schon ernsthafte Krankheitssymptome entwickelt, sind diese ein Fall für ärztliche Behandlung.

Der Anti-Aging-Effekt mit dem Anti-Aging-Hormon DHEA

Es liegen wissenschaftliche Studien aus Japan vor, die belegen, dass nach dem Wandern durch den Wald das DHEA-Hormon im Blut erhöht ist.
Das vorwiegend in der Nebennierenrinde gebildete Steroidhormon DHEA (Dehydroepiandrosteron) wird als Anti-Aging-Hormon bezeichnet, denn es hat positive Wirkung auf:

  • die Muskelmasse und Knochendichte
  • die Psyche
  • das Herz-Kreislaufsystem
    und schützt daher vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • die Immunabwehr
    und bewirkt daher die vermehrte Bildung von Killerzellen gegen beispielsweise Viren und Krebszellen
  • das Hautbild

Im Wald sein

*

Mögliche Gefahren und Kritik an der Kommerzialisierung des Waldbadens.

Die meisten Waldbesucher verhalten sich naturverbunden und rücksichtsvoll. Sie bleiben auf den für sie vorgesehenen Waldwegen und respektieren die Waldbereiche, welche für die Pflanzen- und Tierwelt vorgesehen sind und als deren Schutzbereich erhalten bleiben sollen. Doch mit Zunahme der Anzahl von Waldgästen nehmen auch die Nachteile zu. So gesund das Baden im Wald für die Menschen ist, so ungesund ist es für die dort lebenden Tiere, wenn zu viele menschliche Waldbesucher kommen.

Kritische Zeiten sind

  • der Frühling,
    denn dann stören die Menschen während der Brut- und Aufzuchtzeit und versetzen mit ihrer Anwesenheit die Tiere unter Stress.
  • der Winter,
    denn in dieser Zeit leben die Wildtiere im Energiesparmodus. Jede Störung kostet sie Energie, die sie nötig brauchen, um gut über den Winter zu kommen.

Steigt die Zahl der menschlichen Waldwanderer oder handelt es sich um größere Gruppen, die sich möglicherweise nicht nach dem Wegegebot richten, leiden zwangsläufig der Wald – vor allem mit seinen jungen Baumtrieben – die Waldwege und die Tiere. Entstehende Trampelpfade zerschneiden die Waldflächen, weshalb auch das Gleichgewicht der Artenvielfalt der Insekten, Pflänzchen, Pilze und Kleinstlebewesen empfindlich gestört wird. Viele von ihnen leben nach dem Besuch der Wanderer nicht mehr.

Auf einen Nenner gebracht: Mit steigender Anzahl an Waldbesuchern leidet das Ökosystem. Verstärkt wird dies zudem durch das Vermüllen von Waldgebieten.

Kritische Waldbereiche beim Waldbaden schonen

Natürlich ist es erlaubt und auch erwünscht, dass Wanderer den Wald betreten. Allerdings sollten besonders geschützte Waldgebiete nicht aufgesucht werden, wie beispielsweise:

  • Jungwuchs (Forstkultur)
  • geschlossener, dichter, junger Bestand von Jungbäumen (Dickungen)
  • eingezäunte Flächen
  • Holzeinschläge (Holzernte)

Wanderer, die Absperrungen ignorieren, begeben sich in Lebensgefahr, was beispielsweise bei der Holzernte oder bei der Jagdsaison der Fall ist. Sie behindern sowohl die Holzarbeiter als auch die Jäger und werden gleichzeitig gefährdet.

Des Menschen bester Freund…

Wird ein Waldbesucher von seinem Hund begleitet, so darf sich der Vierbeiner normalerweise auf den Waldwegen ohne Hundeleine bewegen. (Je nach Land/Bundesland unterschiedlich)
Leinenzwang besteht allerdings in Wald- oder Naturschutzgebieten sowie in tollwutgefährdeten Bereichen. 

Doch auch des Menschen treuester Begleiter folgt seinem natürlichen angeborenen Instinkt und wird – bei entsprechender Gelegenheit – dem Wild hinterherjagen.

Deshalb müssen sich Hunde stets in der Nähe ihrer Besitzer aufhalten und in der Zeit vom Frühjahr bis in den Herbst hinein – während der Brut- und Setzzeiten der Waldbewohner – an die Leine genommen werden.
Selbst dann, wenn die Hunde nur an den im Feld liegenden Jungtieren schnüffeln, kann dies für den hilflosen Nachwuchs das Todesurteil bedeuten. Eine Hasenmutter würde beispielsweise den Hundegeruch schon von Weitem wahrnehmen und ihr Junges möglicherweise nicht mehr annehmen. Auch Jungkitze sind in besonderem Maße gefährdet, von Mensch oder Tier berührt zu werden. Ihnen würde möglicherweise das gleiche Schicksal drohen wie dem Hasenjungen.

Die Zeckenplage beim Bad im Wald

Eine kaum sichtbare, aber fast allgegenwärtige Gefahr für die Waldbadenden stellen Zecken dar. Sie können folgende Krankheiten übertragen:

  • *Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)*
    Durch das FSME-Virus kann es zur Hirnhautentzündung kommen. Auch das zentrale Nervensystem kann davon betroffen werden.
  • *Lyme-Borreliose*
    Bei dieser Erkrankung werden mit dem Zeckenstich Borrelien übertragen. Ein erstes Zeichen, welches allerdings nicht in jedem Fall auftritt, ist die Wanderröte. Gegen die Lyme-Borreliose gibt es keine Impfung. Sie muss vom Hausarzt mit Antibiotika behandelt werden.

Um möglichst keine unliebsame Bekanntschaft mit den Zecken zu machen, ist es wichtig, dass in der Natur geschlossene Kleidung getragen wird. Der Eingang über das Hosenbein lässt sich dadurch schließen, dass die Socken über die Öffnungen der Hosenbeine gezogen werden. Da in der Regel die Zecken-Saison in Deutschland von Februar bis Oktober geht, ist bei dem Fußbad in der Natur besondere Vorsicht angesagt.

Wildtiere nicht anfassen

Wildtiere vermeiden im Normalfall den Kontakt zu Menschen. Sollte ein solches Tier dennoch zutraulich sein, ist es möglicherweise krank. Im schlimmsten Fall kann es sich um Tollwut handeln, die auch für den Menschen gefährlich ist. Daher sollten Waldbesucher diese Tiere nicht anfassen.

Lagerfeuer im Wald

Bei manchen Waldbade-Aktionen werden Lagerfeuer angeboten. Und sicher ist so ein Lagerfeuer am Ende einer gemeinsamen Wanderung ein schöner Ausklang.
Dennoch können sich folgenschwere Probleme entwickeln. Teilnehmer, die beim Feuer entfachen behilflich sein wollen, sollten unbedingt eine private Haftpflichtversicherung haben.

Empfohlen zur Weiterbildung

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Angebote und Preise zum Waldbaden

  • Wer an Seminaren teilnehmen möchte, sollte sich gut vorbereiten und einige wichtige Wegbegleiter mitbringen:
  • festes Schuhwerk
  • wetterangepasste und regenfeste Kleidung
  • eine Sitzunterlage für die Pausen und Übungen
  • Wanderproviant
  • Mücken- und Sonnenschutz
  • Notizblock und Kuli

Buchvorschläge Waldbaden:

*“SHINRIN YOKU Heilsames Waldbaden“ von Yoshifumi Miyazaki*

*WALDBADEN Inspirationskarten für den Wald von Ulli Felber*

*Weitere Bücher*

Seminare

Ina Schmitt

67677 Enkenbach-Alsenborn

info@mitinaunterwegs.de

http://waldbaden.org/seminarinhalte/index.html

Deutsche Akademie für Waldbaden und Gesundheit e. K.

67487 St. Martin

info@waldbaden-akademie.com

https://waldbaden-akademie.com/akademie/